Verhalten

Schafe sind typische Herdentiere mit klaren Rollenverteilungen. Jede Schafherde hat ein Leittier – meist ein erfahrenes Muttertier. Innerhalb der Herde schließen sich Familien zu eigenen Gruppen zusammen. Diese Gruppen bestehen oft aus einem Mutterschaf mit ihrer Tochter oder ihren Töchtern und deren Nachwuchs. Böcke werden getrennt von den weiblichen Schafen gehalten. Zur Paarungszeit treffen die beiden Geschlechter jedoch wieder aufeinander. Die Vorfahren des heutigen Hausschafes lebten in freier Wildbahn meistens in Herden zwischen 20 und 30 Tieren zusammen.

Eine Gruppe Schafe auf einer Weide.
Schafe folgen stets ihrem Leittier.

Schafe sind tagaktive Tiere und die meiste Zeit des Tages mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt. Bei der Futtersuche und dem Grasen bewegen sich die Schafe schrittweise auf der Weide umher und suchen die besten Futterpflanzen. Die Fortbewegung erfolgt dabei im Schritt; Trab und Galopp sind beim Grasen nicht zu beobachten. Ein schnelleres Tempo legen die Schafe nämlich nur auf der Flucht oder bei erwartetem Futter an den Tag.

Auch Ruhephasen legen Schafe selbstverständlich ein. Für die Nacht und das Wiederkäuen suchen sich die Tiere einen ruhigen, witterungsgeschützten Platz. Bevor sie sich niederlassen, scharren sie häufig auf dem Ort mit dem Füßen, um zu testen, ob es sich um einen geeigneten Ruheplatz handelt. Über den Tag hinweg erfolgen mehrere Phasen, in denen sich Schafe hinlegen. In der warmen Jahreszeit legen die Tiere wenige Stunden nach Sonnenaufgang und nach dem ersten Grasen eine Pause ein. Zur Mittagszeit, wenn im Sommer die Sonne hoch steht, erfolgt eine zweite Liegephase. Hier ziehen sich die Schafe gerne an schattige und kühle Plätze zurück. Häufig legen sich die Tiere auch am späteren Nachmittag noch einmal hin. Nach Sonnenuntergang beginnt schließlich die letzte Ruhephase: In ihrer sicheren und vertrauten Umgebung lassen sie sich für die Nachtruhe nieder. Mit abgelegtem Kopf schlafen sie teilweise sogar bis zum Morgen ohne Unterbrechung.

Schafe erkennen die Geräusche ihrer Halter*innen.

Sozialverhalten

Schafe sind, genau wie ihre Vorfahren, die Mufflons, überaus soziale Tiere. Sie leben also in Herdenverbänden zusammen, wobei sie Gruppen von etwa 10 bis 35 Tieren bevorzugen. Angeführt wird die Herde in der Regel von einem weiblichen Tier. Auch sonst sind die Strukturen innerhalb des Herdenverbandes weiblich dominiert: Es bilden sich kleinere Gruppen aus verwandten weiblichen Schafen, bestehend aus etwa einer Mutter mit Tochter und Nachwuchs. Die Böcke leben dagegen eher am „Rand“ der Herde und werden von den weiblichen Tieren außer in der Paarungszeit wenig beachtet. Ältere Böcke leben teilweise solitär, während sich viele jüngere gerne zu kleineren „Männer-Gruppen“ zusammenschließen. Anders verhalten sich die Tiere natürlich während der Paarungszeit.

Mutter-Kind-Verhalten

Auch die Bindung zwischen Mutterschaf und Lamm ist sehr eng. Die Mutter erkennt ihren Nachwuchs am individuellen Geruch, weshalb es oft schwerfällt, ein Mutterschaf zur Adoption eines fremden Lammes zu bringen. Die Lämmer können bereits knapp nach der Geburt gut laufen und folgen bald dem Mutterschaf. So entfernen sie sich in den ersten Monaten nur wenig von ihren Müttern. Häufig bilden sich Gruppen von mehreren Jungtieren, die von Mutterschafen begleitet werden. In diesen „Kindergärten“ laufen die Tiere um die Wette, führen spielerische Rangeleien durch und lernen so wichtige Regeln des Herdenlebens. Männliche Lämmer lösen etwa nach fünf Monaten langsam die Bindung zur Mutter auf. Weibliche Tiere dagegen entfernen sich erst mit ungefähr sechs bis sieben Lebensmonaten weiter von ihren Müttern. Die Beziehung zur Mutter bleibt aber, wenn auch nicht mehr so eng, bei weiblichen Schafen das ganze Leben bestehen.

Körperpflege und Komfortverhalten

Interessant ist, dass trotz der Neigung zu engen Beziehungen innerhalb der Gruppen keine gegenseitige Körperpflege stattfindet. Jedes erwachsene Tier pflegt sich also selbst. Dabei setzen die Schafe ihre Lippen, Gaumenplatten und Zähne ein, um an leicht erreichbaren Körperstellen zu knabbern. Auch mit den Klauen der Hinterbeine werden gewisse Regionen gesäubert. Außerdem erfolgt die Körperpflege auch mithilfe von Gegenständen: Kopf und Hals werden etwa gerne an Holzpfeilern oder Baumrinde gerieben.

Die Sinne

Schafe haben einen besonders ausgeprägten Geruchssinn. Böcke erkennen beispielsweise am Geruch der Schafe den richtigen Zeitpunkt zur Paarung. Mutterschafe erkennen ihre Lämmer nach der Geburt am Geruch. Herdenmitglieder beschnüffeln sich gegenseitig und erkennen sich am Geruch des jeweils anderen. Werden Schafe frisch geschoren, kann es durchaus vorkommen, dass die Herde das Schaf nicht sofort am Geruch wiedererkennt. Der Geruch spielt auch bei der Nahrungsaufnahme eine große Rolle, da die Schafe nur frisches Wasser gerne aufnehmen und einmal angeatmetes Heu verschmähen. Die Kommunikation innerhalb einer Schafgruppe findet über unterschiedliche Laute statt. Auch Gefahren können Schafe sehr gut über ihr Gehör erkennen. Die Tiere verfügen über einen 290° Rundum-Blick und können Gruppenmitglieder auch nach ihrem Aussehen einordnen.

Ihr Gemüt

Fühlen sich Schafe gestresst, können sie durchaus ungeduldig reagieren und “durchdrehen”. Im Umgang mit den Tieren sollten Halter*innen daher immer einen kühlen Kopf bewahren und vorsichtig agieren. In Ausnahmesituation, wenn zum Beispiel ein Hund die Herde aufgewirbelt hat, bedarf es einer besonders guten Beziehung zwischen Halter*innen und Schafherde. Um die Schafe an sich zu gewöhnen, sollte man täglich mit ihnen Sprechen, sie mit Leckereien anlocken und langsam aneinander gewöhnen. Nach einer Zeit erkennen Schafe die Geräusche ihrer Halter*innen.

Flucht- und Feindverhalten

Das ausgeprägte Sozialverhalten der Schafe führt dazu, dass innerhalb der Herde aufeinander vertraut wird. Während des Grasens halten die Tiere abwechselnd Wache und versuchen, eventuelle Gefahren zu identifizieren. Die Schreckhaftigkeit und das Fluchtverhalten der Schafe sind von Rasse zu Rasse verschieden. Allgemein entspricht aber eine sofortige Flucht bei einer vermeintlichen Gefahr der natürlichen Reaktion der Schafe. Läuft also ein Tier los, folgt der Rest der Herde anstandslos. Meist wird die Flucht aber recht schnell abgebrochen, wenn die Tiere kurz innehalten, um die Gefahr genauer zu analysieren.

Schafe gelten als sehr ruhige und friedliche Wesen, weshalb Flucht und nicht Kampf stets die erste Option ist. Ist Flucht jedoch nicht möglich oder geht es um eine Mutter mit einem Jungtier, ist durchaus Angriffsverhalten zu beobachten. Zunächst stampfen die Tiere dabei mit dem Vorderfuß auf den Boden und warnen damit den Feind. Danach senken sie den Kopf und rasen auf den Feind zu, um diesen zu rammen.

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Schafe fangen und umsetzen

Schafe einzufangen kann sich durchaus als schwierig erweisen. Spüren Tiere, dass sie gefangen werden sollen, fliehen sie. Fangversuche mit der Schäferkippe oder Fanghaken sollten daher beim ersten Versuch glücken. Wer Schafe in regelmäßigen Abständen mit kleinen Mengen Kraftfutter anlockt, kann einzelne Tiere leicht einfangen. Die Tiere sollten beim Einfangen in “die Enge getrieben” werden. So haben sie keine Fluchtmöglichkeit. Mehrere Tiere gleichzeitig fängt man am besten im Stall oder engen Pferchen aus Maschengitter, Metall- oder Holzhürden.
Achtung: Schafe niemals ans den Ohren festhalten!

Bei der Klauenpflege oder anderen Behandlungen muss das Schaf in eine Sitzposition verfrachtet werden. Dazu wird das Schaf aus dem Stand über das Knie des/der Halter*in in eine sitzende Position gebracht. Das Schaf wird angehoben und in der Luft gedreht. Das Tier wird am Hals und in der Weiche angehoben. Diese Handgriffe brauchen viel Routine! Die Sitzposition erweist sich für die Pflege als sehr praktisch, da sich die Tiere so kaum bewegen können. Dennoch sollte man immer vorsichtig vorgehen!

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