Lämmer

Aufzucht

Schafe sind für ihre ausgezeichneten Muttereigenschaften bekannt und ziehen ihre Lämmer zumeist naturgemäß mit ihrer eigenen Muttermilch groß. Leider gibt es immer wieder Fälle, in denen erstgebärende Schafe mit der Situation überfordert sind und die Tiere nicht an ihr Euter lassen. Auch ältere Schafe nehmen ihren Nachwuchs manchmal nicht an und füttern ihn nicht. In diesen Fällen muss das zwangsweise Saugen eingesetzt werden. Das Mutterschaf wird dazu in der Ablammbucht kurz angebunden oder es wird mit Latten verhindert, dass es das Lamm wegstoßen kann.

Sind die Halter*innen anwesend, dulden Schafe ihre Lämmer häufiger. Die Halter*innen müssen über den prallen oder nicht gefüllten Bauch des Lammes überprüfen, ob dieses genug gesaugt hat. Mit zunehmender Zeit wird sich das Lamm nicht mehr so einfach von der Mutter abweisen lassen. Funktionieren diese Tricks nicht, müssen Halter*innen das Lämmchen mit der Flasche aufziehen.

Ein Mutterschaf und ihre Lamm kurz nach der Geburt im Stall.
Mutter und Kind kurz nach der Geburt.

Ammen

Lämmer, die von der Mutter nicht angenommen werden, oder verwaiste Lämmchen können einer Amme untergestoßen werden. Bei der Amme kann sich um ein lämmerloses Schaf oder eine Ziege handeln. An diese Art der Aufzucht sollten sich nur sehr erfahrene Halter*innen wagen, da sie viel Expertise erfordert. Schafe gelten immerhin nicht als die am einfachsten zu überzeugenden Adoptivmütter und die Lämmer müssen ihnen im wahrsten Sinne des Worter “untergejubelt” werden.

“Verlorene” Lämmer

Unter bestimmten Voraussetzungen können Lämmer nach der Geburt “verloren” gehen. In manchen Fällen entfernt sich das Mutterschaf nach der Geburt zu weit von ihrem Nachwuchs oder das Lämmchen entwischt aus ihrem Radius. Manchmal finden Schafe ihre Frischlinge im vollen Stall nicht mehr. Ging ein Schäfchen einmal “verloren”, wird es schwer, es dem Mutterschaf erneut unterzujubeln. Damit kein Tier verloren geht, kann man das Fell der Lämmer und ihre Mütter über eine Fellnummer mit einem Farbstift kennzeichnen. So bleiben die Tiere stets zuordenbar.

Markierte Tiere können einfach zugeordnet werden.

Künstliche Aufzucht

Die einfachste und kostengünstigste Aufzucht ist und bleibt die natürliche Aufzucht. Wenn ein Mutterschaf die Geburt jedoch nicht überlebt, nicht genug Milch für mehrer Lämmer (z.B. Drillinge) hat, das Lamm gar nicht annimmt und sich keine Amme finden lässt, ist die künstliche Aufzucht die einzige Alternative. Das Jungtier muss nun also mit der Flasche und Nuckeleimern aufgezogen werden. Dies ist ein sehr zeitintensives und aufwendiges Unterfangen, bei dem die Lämmer stets eine bestimmte Betreuungsperson fordern.

Die Aufzucht mit der Flasche ist ein sehr zeitaufwendiges Unterfangen.

Lämmer, die von der eigenen Mutter nicht genügend Milch bekommen, stehlen gerne Milch von anderen Mutterschafen. Da hier sehr schnell Zitzenverletzungen oder Infektionen auftreten können, ist die künstliche Aufzucht mit der Flasche zu empfehlen. Halter*innen müssen sicherstellen, dass das Lamm genügend Kolostrum aufgenommen hat. Ist dies bei der eigenen Mutter nicht möglich gewesen, sollte man gefrorenes Kolostrum oder das Kolostrum eines anderen Schafes verabreichen. Ohne die notwendige Kolostralmilch wird das Lamm nicht überleben können.

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Futteraufnahme

Die Tränkdauer der Lämmer dauert mindestens acht Wochen. Die Lämmer müssen nach dieser Zeit ein Lebendgewicht zwischen 15 und 20 Kilogramm erreicht haben. In den ersten Lebenstagen müssen Halter*innen alle zwei bis drei Stunden ca. 60cm3 Trinkmenge mit der Nuckelflasche verabreichen. Der Nuckler sollte möglichst der Anatomoie des Euters entsprechen, damit sich das Lamm nicht verschluckt. Milch in den Atemwegen könnte zu einer tödlichen Lungenentzüdnung führen. Zur Aufzucht eignen sich Schüsseln, Babyflaschen, Flaschen mit Schnullern oder eigene Tränkeimer. Die Lämmer trinken spezielle Lämmermilch oder kupferarme Kälbermilch in pulverisierter Form. Im Notfall können sie auch Kuhmilch trinken. Bei Pulverfutter werden 200 g Pulver in einem Liter Wasser bei 45°C mit einem Schneebesen nach Anleitung verrührt. Bei der Fütterung sollte die Flüssigkeit zwischen 35 und 37°C warm sein. Zu warme oder zu kalte Milch könnte zu Verdauungsproblemen des Schafes führen. 

Pro Kilogramm Zuwachs werden ca. eineinhalb Kilogramm Milchpulver benötigt. Bis ein Lebendgewicht von 20 kg erreicht ist, benötigt es ca. 20 kg Milchaustauscher. Geht man von einem Preis von € 1,50 pro Kilogramm aus, kostet die Milch für die Lämmer pro Tier €30,-.

In den meisten Fällen kann ein Mutterschaf ihre Lämmer problemlos ernähren.

Nach der ersten Lebenswoche können die Fütterungsabstände langsam vergrößert und dem Lamm bereits Wasser, Heu, Lämmerkorn und Blätter von Obstgehölze angeboten werden. Das Lamm benötigt genügend Rohfasern, um die Pansenaktivität in Gang zu bringen. Lämmer, die noch isoliert sind, fressen noch kein Gras. Das lernen sie erst später in der Herde. Wichtig ist, das Tier rechtzeitig in Kontakt mit der Herde zu bringen, da die Tiere oft zu sehr an ihren Betreuer*innen hängen. Sind die Tiere zu anhänglich, können sie sich oft nur schwer in der Herde integrieren.  

Ebenso wie bei der Geburt, ist auch bei der Aufzucht absolute Hygiene gefragt! Die Zubereitung der Milch, die Tränkgefäße und auch die Tiere müssen stets sauber sein. Trinken die Tiere zu viel oder ist die Milch angesäuert oder zu stark konzentriert, bekommen die Jungtiere Durchfall. Um eine makellose Sauberkeit zu gewährleisten, müssen die Tränkutensilien spezielle, sauer und alkalisch wirkende Reinigungsmittel abwechselnd verwendet werden. Handelsübliche Spülmittel sind nicht ausreichend.

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Lammentwicklung

Wer Lämmer gut füttert und ihnen während der Aufzucht optimale Bedingungen bietet, kann sich über schnell wachsende Schaflämmer freuen. Schon nach den ersten zwei Lebenswochen knabbern Lämmer an Gras und Heu. Langsam kann auch Kraftfutter zugefüttert werden. Ab der dritten Lebenswoche sollte Kraftfutter den Lämmern rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Um zu vermeiden, dass ausgewachsene Schafe das Kraftfutter stehlen, kann ein Lämmerschlupf eingesetzt werden: Eine Abtrennung, deren Durchlassungsöffnungen maximal 20 bis 25 Zentimeter breit sind. Achtung: Mutterschafe werden ebenfalls versuchen, an das Kraftfutter zu kommen. Der Lämmerschlupf muss dementsprechend stabil sein. 

Bei Frühlingslämmchen oder wenn die Lämmchen nicht allzu rasch an Gewicht zunehmen müssen (sprich keine Mast), bietet sich auch eine extensive Fütterungsform an. Die Lämmer grasen nahrhaftes Gras und nehmen auf der Weide ausreichend Eiweiß für das Wachstum auf. Bei dieser Fütterungsform wachsen die Lämmer natürlich langsamer als bei der Mast. Zu Beginn ist und bleibt jedoch vor allem die Muttermilch das Allerwichtigste für die Lämmer. Ist ein Lamm schlapp, teilnahmslos und hat stumpfes Fell, ist es wahrscheinlich unterernährt. Diese Jungtiere müssen mit der Flasche zugefüttert werden. Ansonsten könnten sie Milch bei anderen Müttern rauben und Infektionen verursachen. 

Über frisches Gras nehmen die Lämmer viel Eiweiß auf.

Satte und gesunde Lämmer erkennt man daran, dass sie über die Weide toben, mit anderen Lämmern spielen und sich mit Milch und Gras auf der Weide den Bauch vollschlagen. Bei Gefahr suchen die Lämmer stets Schutz bei ihren Müttern. Diese wachen mit Argusaugen über ihren Nachwuchs und wissen stets, wo er sich aufhält. Sollten sie ein Lamm doch mal aus den Augen verlieren, holen sie es blökend an ihre Seite zurück. Nach drei Lebensmonaten könnten die Lämmer theoretisch von der Mutter getrennt werden. Besser ist jedoch, bis zum vierten Monat mit der Absetzung zu warten, damit die Lämmer bestens entwickelt sind und viel Zeit mit ihren Müttern verbringen können. Von ihnen lernen sie immerhin auch wie sie in der Herde zurechtkommen, das Verhalten gegenüber Menschen oder welche Pflanzen ihnen besonders gut schmecken.

Die Trennung

Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, an dem die Schafmütter ihren Nachwuchs immer mehr aus den Augen lassen und die jungen Bocklämmer zu treiben beginnen, müssen die Lämmer spätestens von ihren Müttern getrennt werden. Auch die Trennung zwischen Bocklämmern und weiblichen Lämmern empfiehlt sich, damit sich die Tiere ruhiger entwickeln können. Zwischen der Trennung der Lämmer und der nächsten Paarungszeit sollte mindestens ein Monat liegen. So können sich die Mutterschafe gut von den Strapazen der Aufzucht erholen und sind bereit für die nächste Paarungszeit. 

Nach drei bis vier Monaten können die Lämmer von der Mutter getrennt werden.

Wenn man die Lämmer von den Müttern trennt, stellt sich auch die Frage, welche Tiere für die Weiterzucht in Frage kommen und welche geschlachtet werden. Vor allem Bocklämmer sind im Sinne der Rasseerhaltung genauestens zu überprüfen. Weibliche Lämmer können Halter*innen leichert weiterverkaufen. Sie müssen also nicht unbedingt geschlachtet werden. Bocklämmer können jedoch meist nur schwer weiterverkauft werden. Denn nur die besten Bocklämmer werden Väter einer neuen Schafsgeneration. All jene weiblichen Lämmer, die nicht verkauft oder geschlachtet werden, hält man separat von der Herde. Für eine gute Entwicklung und Fruchtbarkeit müssen sie den Winter über sehr gut gefüttert werden. 

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